4. Mit allen Sinnen graben
Beim Schaufeln gilt es, auf unterschiedliche Schneehärten, Bindungen, Kristallgrößen, Farben, Glanz, Helligkeiten und Schichtungen sowie die Feuchtigkeit der Schneedecke zu achten. Am „blechernen Klang“ beim Auftreffen der Alu-Schaufel können Schmelzharschschichten oder Eislamellen identifiziert werden. Bodennaher Schwimmschnee (Tiefenreif) rieselt typischerweise aufgrund seiner großen, kantigen, ungebundenen Kristallen wie Zucker von der Schaufel. Die gesuchten Schwachschichten zeichnen sich durch große, kantige Kristalle aus und sind dünn, porös und weich, während das darüber liegende Schneebrett üblicherweise gebunden, dicht gepackt, steif und aus kleinen, gerundeten Kristallen zusammengesetzt ist.
5. Stabilitätstest durchführen
Für die Durchführung des ECT wird ein Schneeblock (30 x 90 cm) freigelegt. An dessen seitlichem Rand wird das Schaufelblatt aufgelegt und jeweils 10 Mal zunächst aus dem Handgelenk, dem Ellenbogen und abschließend aus der Schulter belastet. Durch den Test soll herausgefunden werden, ob die Belastung zu einem Bruch in der Schneedecke (Bruchinitiierung) führt und ob sich dieser innerhalb der Schwachschicht ausbreiten kann (Bruchfortpflanzung). Die genaue Beobachtung ist Voraussetzung für eine korrekte Interpretation der Testergebnisse.

Schreibweisen beim ECT und Interpretation der Ergebnisse (Grafik: LO.LA)
6. Profilaufnahme und Dokumentation
Stößt man im Zuge des Tests auf eine Schwachschicht, untersucht man diese sowie die Schichten darüber und darunter genau. Auch die Oberfläche wird im Detail inspiziert, da es sich um eine potenzielle Schwachschicht handelt. Ist die Schwachschicht identifiziert, wird mit der Analyse fortgefahren: Wie und wann kam die Schwachschicht zustande, wo ist sie noch zu finden? Im besten Fall wird das Testergebnis dokumentiert und visualisiert und anderen Tourengeher:innen zur Verfügung gestellt (z.B. via LAWIS). Für die erleichterte korrekte Zuordnung der Kristallformen gibt es einfache Kriterien, wie die folgende Tabelle zeigt. Für die Stabilitätsbeurteilung sind diese aber ohnehin irrelevant, hängt die Stabilität doch einzig vom Testergebnis ab.
Die typischen Korngrößen, die in einem Schneeprofil zu finden sind. (Grafik: LO.LA)
Teil 1 der Serie zum Schneeprofil verpasst? Kein Problem, die Tipps gelten nach wie vor und sind auch noch immer auf der LO.LA Website zugänglich.
Ablauf der Schneedeckenuntersuchung
- Sicheren und aussagekräftigen Profilstandort wählen (Sondieren)
- Beim Graben auf unterschiedliche Schneequalitäten, Härten, Farben, Geräusche, Bindungen, Feuchtigkeit etc. achten
- Stabilitätstest ECT an der Stirnfläche durchführen
- Profilaufnahme an der schattigen Seitenfläche von oben nach unten durchführen
- Aufnahme erfolgt bei Schwachschicht (laut Testergebnis) bzw. an der Oberfläche detaillierter
- Schwachschichten werden mittels Prozessdenken analysiert
- Ggf. Dokumentation des Profils und Übertragung in LAWIS